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Die hübsche junge Frau hört mir lächelnd zu, als ich sie zu verschiedenen christlichen Angeboten in unserer Fachklinik Weinböhla einlade. Bei der Erwähnung des Gottesdienstes zum Himmelfahrtstag erstirbt ihr Lächeln: „Himmelfahrt mag ich gar nicht.“ – Ich denke an lautstarke Männerfeten und sinnlosen Alkoholmissbrauch. Wer weiß, was sie schon erlebt hat. Ich sage: „Ja, wenn man nur Männertag anstatt Himmelfahrt feiert, geschehen manchmal schlimme Sachen. Dann ist es kein schönes Fest.“ Da füllen sich ihre Augen mit Tränen. Ich frage nach: „An was erinnert Sie Himmelfahrt?“

Zwischenfrage: An was erinnert Sie Himmelfahrt? – Ausschlafen? Männertagsausflug? Familienstreit oder Ausflug mit der Familien? Kirche???

Die junge Frau erzählt unter Tränen, dass ihr Freund vor zwei Jahren an einem „Männertagsausflug“ teilnahm. Bei einem Kletterversuch stürzte er 20 Meter in die Tiefe. Er verlor sein Leben. Sie verlor ihre Liebe und trauert. Mir fiel das unpassende Stichwort „Himmelfahrts-Kommando“ ein. In Kriegszeiten werden so Einsatzbefehle bezeichnet, wenn die Gefahr besonders groß ist, dass es keine Rückkehr gibt. Leider sehen wir gerade erneut, wie der Krieg Menschen Heimat und Leben nimmt. Krieg – ein Weg ohne Rückkehr, tödlich! Aber auch in Friedenszeiten verlieren Männer am „Männertag“ Jahr um Jahr ihr Leben, aus Leichtsinn und durch Alkoholmissbrauch.

Wo kommt Himmelfahrt her?

Der Ursprung des Tages ist ein ganz anderer. Himmelfahrt ist kein Weg ohne Rückkehr, sondern ein Ausblick in die Zukunft. 40 Tage nach Ostern ist es Jesus, der Auferstandene, der mit „seinen Männern“, seinen „Meisterschülern“ wandern geht. Ein Hügel ist ein guter Ort, um den Worten des Meisters zu lauschen, Einblick und Überblick zu gewinnen. Doch dann geschieht das Überraschende: Jesus nimmt Abschied. Er segnet seine Freunde. Er verspricht ihnen, dass sie nie allein sein werden – und dann verschwindet er vor ihren Augen. Für ihn bedeutet das die Rückkehr in die ewige Welt Gottes.

Seine Freunde kehren zurück in die Stadt. – Ohne Jesus? Sie fragen und zweifeln. Und sie hoffen und spüren: Sie bleiben nicht allein! Pfingsten werden sie es erleben: In guten und schweren Zeiten ist Gott in Jesus Christus bei ihnen. Sie sehen ihn nicht, aber sie erleben seine Gegenwart und die Kraft des Heiligen Geistes. So hilft, tröstet, ermutigt und motiviert Gott.

DAS darf das „Himmelfahrts-Kommando“ sein: Jesus lässt uns nicht allein zurück. Er bleibt mit uns unterwegs und sagt:

„Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Weltzeit.“ (Die Bibel. Matthäus-Evangelium 28,20)

Ein behütetes Himmelfahrtsfest wünscht Ihnen
Pfarrer und Klinikseelsorger Thomas Günzel

 

Foto © Peter Bongard